Premiere: Theater Koblenz, 28.04.17 Textfassung: Franz Zauleck/Nis Søgaard Spiel: Arne van Dorsten, Mirjam Schollmeyer, Stephan Siegfried Bühne/Kostüm: Franz Zauleck Puppen: Magda Roth Musik: Filip Nikolic
01.05.2017 Rhein-Zeitung, Melanie Schröder: "Die Uraufführung ,,Unterirdische Komödie“ (…) entfaltet sich wie ein gigantischer, etwa zwei Stunden währender Kommentar auf das global zum Event stilisierte und instrumentalisierte Minenunglück. Überspitzt-grotesk in der Zeichnung der Figuren, mit rasendem Szenenwechsel, hin- und hergeworfen zwischen starken Bildern und Witz an Witz an Witz konterkariert Søgaard mit seiner temporeichen Inszenierung das Medienspektakel. Konsequent reizt er dabei die Mittel der Komödie aus - übertreibt gern, wo es nur geht Motive einer Unterhaltungsshow. (…) So möge das Drama beginnen. Weiter geht es im treibenden Wechsel zwischen verschiedenen Handlungsorten Zwischen denen in der Mine und jenen draußen wird die Ereigniskette chronologisch durchgespielt - in abgewandelter und zugespitzter Form. Und durch Musik strukturiert. Szenen werden motivisch eingeleitet und atmosphärisch ausgestaltet. Eindringlich gelingt etwa der Einsturz des Berges (Musik: Filip Nikolic), der allein mit Synthezise-Klängen und einem in der Magengrube wummerndem Bass zu Fall gebracht wird. Den Perspektivenwechsel - etwa vom Inneren des Berges zum Mineneingang - ermöglichen variable Kleinstbühnen, die Bühnenbildner Franz Zauleck in Form von Rollwagen erdacht hat. Sie werden im Raum verschoben und immer wieder neu arrangiert. Eine kluge Idee, um die komödiantische Dynamik der Szenenwechsel zusätzlich zu erhöhen.(…) Konsequent kommentiert die Regie damit das erstickende Gefühl der ständigen Unterhaltungssucht. (…) Bedrückend gerät besonders eine Szene, die als Live-Schalte einer Journalistin in die Mine funktioniert. In Großaufnahme werden die Puppen auf Leinwand übertragen, taumeln im Interview zwischen Halluzination und geistiger Umnachtung. Das Gefühl beklemmender Zurschaustellung entfaltet sich durch das Puppenspiel besonders stark. Die starren Mienen der Marionetten (Puppenbau: Magdalena Roth) übertragen den teuflischen Tanz zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit derart greifbar, dass auch kleinste Regungen eine enorme Strahlkraft entwickeln. Eine Leistung, die Arne van Dorsten, Mirjam Schollmeyer und Stephan Siegfried an diesem Abend hoch anzurechnen ist. Sie ergänzen einander bemerkenswert präzise und strahlen gemeinsam so viel Enthusiasmus aus, dass ihre Teamleistung über den Abend trägt. So spielen sie sich die Puppen zu, und während sie der eine führt, gestaltet der andere ihre Gefühlsregungen lautmalerisch oder spricht gleich ganze Sätze der Figur. Unglaublich zu beobachten, wie sie in diesem Chaos aus Puppen, Handlungsstrangen und -orten den Überblick behalten. Ihr Trumpf ist zudem ihr schauspielerisches Können. Mit südamerikanischem Akzent verleihen sie etwa den Figuren der Mineros Herz oder kokettieren mit ihrer Rolle als heilsbringende Wissenschaftler. Ihre Leistung honoriert das Publikum auf der ausverkauften Probebühne mit energischem Pausenapplaus und Jubelstürmen am Ende -viel Zuspruch für Søgaards Puppentheater, das durch Übertreibung nahezu satirisch fragwürdigen Medienmechanismen nachspürt und einen Satz des französischen Philosophen Jean-Paul Sartre ins Gedächtnis ruft: Die Hölle, das sind die anderen."
Zurück