von Andreas Jungwirth 
Premiere: Puppentheater Magdeburg, 29.10.2020  Spiel: Anna Wiesemeier, Richard Barborka, Linda Mattern, Leonhard Schubert  Bühne: Nis Søgaard Kostüm/Puppenentwürfe/Illustrationen: Simon Bukhave Puppen: Lili Laube  Musik: Filip Nikolic Dramaturgie: Petra Szemacha
Fotos: Viktoria Kühne/Puppentheater Magdeburg
Klaus-Peter Voigt, Fidena, 29.10.2020: Nis Søgaard reizt alle Möglichkeiten dieser „Schonzeit“ aus, bei der Rotkäppchen nicht einmal eine eigene Puppe bekommt, dessen Name unausgesprochen bleibt. Ihm gelingt die Verknüpfung der zahlreichen Verbindungen zu einem regelrechten Drama mit überraschenden Wendungen. Der ständige Wechsel zwischen Puppen- und Schauspiel gehört dazu. Die Musik von Filip Nikolic passt punktgenau, begleitet oder steht bei einigen Szenen im Mittelpunkt. Mit den beeindruckenden Bildern des Dänen Simon Bukhave entstehen Wald und Lichtung, mal schlich in schwarz-weiß, dann wieder farbig unterlegt, ganz modern schaffen die Lichtinstallationen auf unterschiedlichen Flächen Atmosphäre.
Rolf-Dietmar Schmidt, Volksstimme, 01.11.2020: Das ergibt ein völlig neues Stück, das die ganze Dramatik von Sehnsüchten und Begierden, von Falschheit und Grausamkeit, von Betrug und Rache, von Lüge und Wahrheit mit den Lebensplanungen der Akteure miteinander neu verknüpft. (…) Und das geschieht so geschickt, dass die Realität des wirklichen Lebens, die ja in jedem Märchen steckt, den Zuschauer betroffen und traurig zugleich macht, manchmal auch zu einem bitteren Lachen verführt. Es ist eine neue Geschichte, kein modernisiertes „Rotkäppchen“, kein Märchen und knüpft doch genau dort an. Diese Ambivalenz lässt die Zuschauer nicht los, macht das Stück anstrengend und offenbart dennoch gerade dadurch die künstlerische Aufarbeitung menschlicher Abgründe, derer man sich gern im Märchen durch Romantisieren entzieht. Die Mutter des „Kindes“, gemeint ist das Rotkäppchen, ist nicht glücklich. Das „Kind“ war nicht gewollt, die Kneipe im Dorf, in der sie den Kerlen, die Bäume fällen, Bier einschenkt, hängt ihr zum Halse raus. Der Vater „ist im Wald geblieben“ lautet die Lüge für das „Kind“, das nicht erfahren soll, dass er von einem gefällten Baum erschlagen wurde. (…) Die Analogien zum modernen Leben begegnen einem überall in dem Märchen, das keines ist. Nis Søgaard versteht es meisterhaft, die Handlungsstränge zu verwirren, um sie dann wieder zu einer bitteren Wahrheit zu führen. Die Bühne, die von ihm zusammen mit Simon Bukhave entworfen wurde, bietet mit den einzelnen Spielplattformen und der Mini-Drehbühne ein ideales Umfeld, um mit ganz wenigen Mitteln sofort neue Handlungsorte sehr eindrucksvoll zu gestalten.
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